Vögel im Tister Bauernmoor
Die großen Wasserflächen
besitzen magische Anziehungskraft
Ausgerechnet die für intakte Hochmoore untypischen Bereiche verleihen dem Tister Bauernmoor seine überregionale Bedeutung: Die großen Wasserflächen ziehen tausende Vögel an.
Entstanden ist der seichte Polder durch den industriellen Torfabbau und die anschließende Wiedervernässung. Rund 155 Hektar Wasser- und Schlickflächen locken seit Anfang der 90er Jahre zum Ausruhen und Verweilen. Darunter viele vereinzelte Kurzzeit-Besucher, es gibt aber auch Stammgäste, die sich aus guten Gründen hier blicken lassen.
Drei Gründe, die die Wasserflächen so anziehend machen:
- Angenehme Nachtruhe
Kraniche, Kormorane, Gänse, Enten und andere Wasservögel nutzen die weitläufigen und offenen Flachgewässer als sichere Schlafplätze. - Attraktive Brutplätze
Lachmöwen, Enten, Kiebitze oder Zwergtaucher ebenso wie einige Kranichpaare ziehen hier ganz in Ruhe ihre Jungen auf. - Reich gedecker Tisch
Die Vogelvielfalt bietet dem Seeadler reiche Beute. Bei der Jagd auf Wasservögel ist er mittlerweile regelmäßig im Tister Bauernmoor zu beobachten.
Vogelzug im Tister Bauernmoor
Ein Kranichrastplatz
von internationaler Bedeutung
Zum Überwintern nach Südeuropa, zum Brüten in den Norden: Jedes Jahr fliegen Kraniche zwischen diesen beiden Zielen hin und her. Dafür gibt es zwei feste Routen, den baltisch-ungarischen und den westeuropäischen Zugweg.
Über eine Viertelmillion Kraniche aus Ostdeutschland, Schweden, Norwegen, seltener auch aus Estland oder Finnland, fliegen auf der westeuropäischen Zugroute über Deutschland hinweg. Besonders die Rastplätze im Norden spielen dabei eine zentrale Rolle. In Niedersachsen gehört das Tister Bauernmoor mittlerweile zu den wichtigsten Rastplätzen.
Das Zentrum des Rastgebietes bilden die Schlafgewässer. Von den Vorsammelplätzen auf nahe gelegenen Feldern und Wiesen kehren die Vögel mit Beginn des Sonnenunterganges bis zum letzten Abendlicht zu den Wasserflächen zurück. Dort verbringen sie die Nacht im seichten Wasser, wo sie sicher vor Bodenfeinden wie Fuchs oder Wildschwein sind.
Kurz vor Sonnenaufgang kommt Bewegung in die Vögel, sie erwachen, putzen sich und verlassen dann mit lautem Rufen und Trompeten truppweise das Moor. Bis zu 20 Kilometer entfernt sind sie noch anzutreffen. Den Tag verbringen sie vor allem mit der Nahrungssuche: Die Kraniche finden insbesondere auf abgeernteten Maisfeldern reichlich Futter, die Gänse grasen auf den Wiesen.
Im Oktober und November sind die meisten Kraniche zu Gast. Auch im Frühjahr nutzen sie das Moor als Rastplatz. Zu dieser Zeit ist der Aufenthalt jedoch insgesamt kürzer und unauffälliger, weil es die Tiere zurück in die Brutgebiete zieht.
Übrigens: Einige der nicht verpaarten Kraniche halten sich noch lange Zeit in der Region auf und sind auch außerhalb der Zugzeiten an den Wasserflächen zu beobachten. Zunehmend ist außerdem zu beobachten, dass Kraniche auch in Mitteleuropa und sogar bei uns überwintern!
Tiere jenseits
der großen Wasserflächen
Lebensraum für Spezialisten
Vielen Bodenlebewesen ist das Moor zu nass, Regenwürmer, Maulwürfe oder Kaninchen werden Sie hier nicht finden. Auch im sauren Wasser fühlt sich kaum ein Lebewesen wohl. Schnecken, Muscheln oder Krebsen fehlt Calcium zum Bau ihrer Schalen.
Trotzdem lohnt sich ein genauer Blick! Denn ein paar Moorbewohner kommen hier trotz der widrigen Umstände sehr gut zurecht, und mit ein bisschen Glück lassen sie sich während des Sommerhalbjahres auf dem Weg zum Turm entdecken.
Die ungiftige Ringelnatter (Natrix natrix) sonnt sich gerne am Ufer der Torfstiche. Wird sie dabei gestört, gleitet die talentierte Schwimmerin schnell ins Wasser. Ein gutes Erkennungsmerkmal: Ihre beiden hellen, halbmondförmigen Flecken am Nacken schließen sich wie ein Ring um den Hals.
Aus dem Insektenreich fallen vor allem die Libellen auf. Anfang Mai sausen tausende dunkle, weißgesichtiger Nordischer Moosjungfern (Leucorrhina rubicunda) mit imposanten Flugmanövern durch das Gebiet und landen vielleicht auch einmal auf Ihrem Arm. Kein Grund zur Besorgnis: Libellen sind für Menschen völlig harmlos.
Manchmal lässt sich die Kreuzotter (Vipera berus) bei einem ausgedehnten Bad in der Sonne beobachten. Mit respektvollem Abstand ist das auch kein Problem. Ihre Giftzähne nutzt sie für den Fang von Mäusen und Fröschen, nur im Notfall zur Verteidigung.
Wenn die Sonne scheint, wagen sich die Waldeidechsen (Lacerta vivipara) zuweilen auf den Hackschnitzelweg und die Holzbohlen. Auch Bänke gehören zu ihren Lieblingsplätzen. Annäherungsversuche sind zwecklos: Bei der kleinsten Bewegung in ihre Richtung huschen sie schnell weg.